Uropas UT

Wie man von der Suche nach Informationen über eine UT ZJ 252 mit einer ZB 200 nach Hause kommt

Die Geschichte begann damit, dass eine ZJ252 in den Kleinanzeigen angeboten wurde. Die Maschine war Baujahr 1939 und befand sich in einem nicht sehr tollen Zustand. Auffällig war gleich die falsche Gabel und auch sonst bestand die Vermutung, dass da noch mehr falsche Teile verbaut waren. Da man im Internet nicht wirklich viel zu dieser Maschine findet, habe ich Kontakt mit den UT-Freunden aufgenommen in der Hoffnung, dass hier eventuell Bildmaterial vorhanden ist. Dies sollte dann einen Vergleich ermöglichen. In einem Telefonat teilte mir Alexander mit, dass wohl mal irgendwo eine solche Maschine zum Verkauf stand. Diese Information war jedoch schon bald 2 Jahre alt und das machte die Sache natürlich spannend. War die Maschine noch da oder war sie längst verkauft? Wie sich dann heraus stellte, handelte es sich bei der angebotenen Maschine um eine ZB200 von 1937.

Die Maschine befand sich noch im Originalzustand und laut Baujahresliste war im Jahr 1937 nur der Nummernbereich von 23001 – 23100 reserviert. Das wurde dann natürlich immer interessanter, denn es handelte sich offensichtlich um ein seltenes Fahrzeug, welches nur in geringer Stückzahl gebaut wurde. Davon dürfen nicht wirklich viele überlebt haben und schon gar nicht in einem originalen Zustand. Zwar sah die UT auf den mir zugeschickten Bildern nicht mehr wirklich gut aus, aber eine Besichtigung wollte ich natürlich unbedingt durchführen. So wurde der Kontakt zum Verkäufer hergestellt und noch ein Termin vor Weihnachten vereinbart. Die UT war im Schwarzwald zu besichtigen und nur knapp 2 Stunden von mir entfernt.

Dort angekommen, konnte ich zunächst die Geschichte zur Maschine erfahren. Sie gehörte dem Uropa des Besitzers und wurde vor langer Zeit in einem Sägewerk weg gestellt. Mitte der 80er Jahre musste die Maschine dann aus Platzgründen umgestellt werden. Da zu dem Zeitpunkt leider der Kugelkopf der Trapezgabel fehlte, war die Maschine nicht mehr rangierfähig.Sie wurde dann zunächst fotografiert und für den Transport zerlegt, wohl auch in der Absicht, die Maschine irgendwann mal zu restaurieren. In 2012 verstarb dann leider der Uropa und das Grundstück sollte ein paar Jahre später dann verkauft werden. So musste die UT erneut umziehen und landete dann zerlegt auf dem Dachboden im Haus des Besitzers.

Bis auf die nun gestrahlten Zylinder und Kopf war die Maschine aber immer noch unberührt. Dann wurde es richtig spannend und es ging zur Besichtigung. Mit einer kleinen Taschenlampe wurde die Maschine dann begutachtet. Sie war in einem stark verschmutzten Zustand aber weitestgehend komplett. Das absolute Sahnestück war jedoch der wunderbar erhaltene vollverchromte Tank. Für eine so kleine Maschine und angesichts des Baujahres etwas besonders, denn Chrom wurde zu dieser Zeit bereits dringend für die Kriegsrüstung benötigt. So war für mich der Kauf zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossen, obwohl hier und da doch noch ein paar Sorgen wie z.B. der von der Zinkpest befallene Vergaser auftauchten. Eine weitere Besonderheit war auch, dass das originale Typenschild vorhanden war. Rahmen und Motor passten tatsächlich zusammen! Da war die Freude natürlich sehr groß.

Jetzt musste die UT erneut umziehen. Da sie zerlegt war, konnte ich sie leicht in meinen Kombi einladen und eine Abholung mit Anhänger blieb mir erspart. Danach konnte ich noch ein Foto vom ursprünglichen Eigentümer der UT sehen, auf dem er stolz mit seiner anderen Maschine zu sehen war. Wenn ich mich recht erinnere, eine Zündapp Z200 von 1927. An diesem Tag hätte man sich noch lange über Motorräder unterhalten können doch irgendwann musste natürlich die Heimreise angetreten werden. Der Kauf wurde bei ein paar Tassen Kaffee besiegelt und so ging es wieder zurück. Zuhause angekommen, ließ ich die Maschine zunächst im Auto liegen. Eine vorangegangene Erkältung machte mir noch zu schaffen und so reichte es mir nun einfach.

Am nächsten Tag folgte nun zunächst das Ausladen der Teile und eine Bestandsaufnahme. Die Maschine war sehr stark verschmutzt. Öl, Dreck und Sägestaub hatten sich über die Jahre hinweg zu einer fast zementartigen Kruste entwickelt. Hier und da, insbesondere im Bereich des vorderen Kotflügels, hatte eine aggressive Flüssigkeit diverse großflächige Schäden auf dem Lack verursacht. Bedingt durch das fehlende Gabelteil war die UT lange auf einem Rollwagen gestanden. Die hatte leider einige unschöne Dellen im Bereich der Krümmer hinterlassen. Der Noris Scheinwerfer wurde leider wohl mal umgebaut. Das Loch für das große und seltene Noris Zündschloss wurde verkleinert, damit ein Zündschloss von Hella passte. Auf der linken Seite wurden offensichtlich der Krümmer und der Auspufftopf ausgebrannt. Da danach nicht mehr gefahren wurde, war der Topf vom Rost unrettbar von innen heraus zerstört. Bei dem von der Zinkpest befallenen Vergaser handelte es sich natürlich um die nicht gerade häufige Variante AJ 2/20. Leider fehlte das teure und seltene Noris Zündschloss sowie die Noris Hupe HN6V. Die Tatsache war wohl irgendwie in der allgemeinen Euphorie untergegangen.

Ja, und dann war da natürlich noch die Sache mit dem fehlenden Kugelkopf. Da auch die obere Lagerschale fehlte, war meine Vermutung, dass die UT mit einem Lenkkopflagerschaden abgestellt wurde. Dies führte über die Jahre zum Verlust des Kugelkopfes, der Lenkerhalter und des Handrades für den Lenkungsdämpfer. Da ich zunächst glaubte, dass es sich bei der Gabel um eine Standard Tigergabel handelt, sah ich den fehlenden Kugelkopf zunächst nicht als Problem an. Die spätere Erkenntnis, dass UT spezielle Gabeln eingebaut hat, sorgte dann jedoch für einige schlaflose Nächte. Zunächst versuchte ich, die Maße für den Kugelkopf zu ermitteln. Über einen Bekannten wurden mir dann tatsächlich mehrere Kugelköpfe angeboten aber leider passte immer ein Kriterium nicht zu meiner Maschine. Dies hätte jedes Mal einen vermutlich kostenintensiven Umbau zur Folge gehabt. Dann wurde mir über das VFV-Forum tatsächlich eine komplette Tigergabel angeboten, bei der der Kugelkopf exakt die benötigten Maße hatte. Angesichts der unzähligen verschiedenen produzierten Varianten dieser Gabel doch ein kleines Wunder. Der Haken bei der Sache war, dass der Besitzer der Gabel diese verständlicherweise nur komplett verkaufen wollte. Dann habe ich natürlich angefangen zu kalkulieren…was wohl der Umbau eines anderen Kugelkopfes kostet, der ja auch noch gekauft werden musste. Und was die Anfertigung der Gabelbolzen und der oberen Schwingarme kosten würde, denn die fehlten ja auch! Also habe ich mich dazu entschieden, die Gabel zu kaufen. Im Nachhinein war es sicher die beste weil stressfreie Lösung. Da die Farbe des Teils nicht passte, habe ich mir diese extra angemischt. Nach der Lackierung wurde der Kugelkopf noch entsprechend „bearbeitet“ damit er vom optischen Zustand zum Rest der Maschine passte.

Zwischenzeitlich stand natürlich die Reinigung der Teile an. Doch wie entfernt man den uralten, völlig verkrusteten Dreck? Da die Patina erhalten werden sollte, musste dies natürlich auch so schonend wie möglich erfolgen! Erste Versuche mit warmem Wasser und Seife mussten sofort eingestellt werden, weil der Dreck eine nahezu untrennbare Verbindung mit dem Lack eingegangen war und sich auf diese Weise leider auch der Lack vom Blech löste. Dann wurden diverse Mittel wie z.B. Kaltreiniger an unauffälligen Stellen versucht, welche aber nicht den gewünschten Erfolg zeigten. Jedes Mal war Lackverlust die Folge! Da schwebte der Traum von der Original Patina Maschine langsam dahin und ich dachte ernsthaft an sandstrahlen und lackieren. Also dann das ganze Zeug erst mal weg gestellt und überlegt. Ein paar Tage später habe ich dann mehr oder weniger zufällig herausgefunden, dass ausgerechnet der aggressive Nitroverdünner hervorragend geeignet war, den Dreck zu lösen! Unglaublich, aber der Lack war davon völlig unbeeindruckt. Immer wieder habe ich mit einem weißen Tuch an den Teilen geputzt und kontrolliert und nahezu keine roten Farbrückstände am Tuch gehabt. Im Gegenteil, ich hatte fast den Eindruck, dass der Verdünner wie eine Frischzellenkur für den Lack war. So konnte der grobe Dreck mit einem weichen Holzstück und einem Lappen zwar sehr langwierig aber dafür nahezu zerstörungsfrei entfernt werden. Danach wurden Fett und Ölrückstände noch mit einem Orangenreiniger entfernt. Dies immer unter Verwendung eines weißen Baumwolltuches, damit ich sofort erkennen konnte, ob der Lack angelöst wurde. Nach einer tagelangen Reinigungsprozedur wurde dann der noch vorhandene Lack mit den Pflegeprodukten von Tapir aufbereitet und versiegelt. Das Ergebnis war gerade beim Hinterrad extrem beeindruckend.

Getrübt wurde die Freude nur im Bereich des vorderen Kotflügels und des Rades. Hier hatte etwas dem Lack sehr übel zugesetzt aber ich dachte, der Zustand ist noch vertretbar. Hier muss ich aber auch dazu sagen, dass ich von den totrestaurierten Maschinen völlig weg gekommen bin. Dieses Motorrad erzählt eine Geschichte: Sie war jahrelang unter harten Bedingungen im Schwarzwald im Einsatz. Schlechte Straßen, wenig Zeit für Pflege aufgrund der Selbständigkeit des Eigentümers und wohl auch die schlechte Teileversorgung zur und nach der Kriegszeit haben diese Maschine geformt und gezeichnet. Daher wurden von mir nur Schäden ausgebessert, welche sicherheits- oder funktionsrelevant waren. Der Rest wurde inklusive Beulen so gelassen. Aber da hat natürlich jeder seinen eigenen Standpunkt.

Nach der gründlichen Reinigung und Konservierung des Zustandes wurde die Maschine nun mal zusammengesteckt damit ich sehen konnte, welche Teile und Schrauben wo hingehören. Zwischenzeitlich konnte ich noch Lenkerhalter und eine passende Hupe im Originalzustand auftreiben. Der fehlende Deckel von der Werkzeugbox wurde von mir nachgebaut und lackiertechnisch und optisch dem Rest der Maschine angepasst. Aktuell wird jetzt noch der Motor gerichtet und die Züge und Elektrik werden verlegt. Dann hoffe ich, dass die Maschine bald wieder zurück auf der Straße ist. Nach dem jetzigen Stand meiner Nachforschungen mit Hilfe der UT-Freunde dürfte es sich wohl um ein Einzelstück handeln. Ich habe zwar einige Fotos auch über Kontakte in den Ebay Kleinanzeigen erhalten, doch ist keine Maschine so wie meine aufgebaut (hauptsächliche Unterschiede Tank oder die Motorisierung). Dies könnte aber auch der Tatsache geschuldet sein, dass die Maschinen schon ab Werk unterschiedlich ausgeliefert wurden. Zumindest liefert das „Kleingedruckte“ am Ende der UT Werbung einen Hinweis darauf. Eine „echte“ ZB 200 kann man wohl offensichtlich nur anhand der Rahmennummer erkennen. Ebenfalls ist noch anzumerken, dass die Maschine für die Motorisierung sehr üppig gebaut ist. In dem massiven Rahmen wirkt der kleine Barkmotor unter dem voluminösen Tank fast deplaziert. Der Rahmen dürfte aufgrund seiner Bauart ohne weiteres einen größeren Motor vertragen!

Zum Kauf der ZJ252, die ja diese ganze Geschichte ausgelöst hat, kam es übrigens nicht. Viel Zeit habe ich damit verbracht, Bilder zu vergleichen. An der ZJ sind leider so viele falsche oder nachgebastelte Teile verbaut, dass selbst ich als Fan von hoffnungslosen Projekten angesichts des aufgerufenen Preises abgelehnt habe. Das einzige, was an dieser Maschine sicher von UT stammt, ist der Rahmen und im besten Fall gehört noch der Motor tatsächlich dazu. Hier einzusteigen dürfte nur klappen, wenn man die wichtigsten Fehlteile wie Gabel, Tank und Räder auf Lager hat bzw. jemanden kennt, der sie hat…

Da die Kurbelwelle einen deutlichen Schlag hatte, konnte der Motor zunächst nicht zusammengebaut werden. Ich habe ich diese dann meinem Bekannten Gerhard überlassen. Die Welle wurde zerlegt und neu ausgerichtet wieder zusammengebaut. Nachdem ich die Kurbelwelle dann wieder zurück hatte, konnte die Maschine endlich wieder zusammen gebaut werden. Obwohl ich das Motorrad genauso wieder zusammenbauen wollte, wie ich sie erhalten habe, habe ich mich nach längerem Überlegen doch dazu entschlossen, das markante große Noris Zündschloss wieder einzubauen. Die gibt es ja in einer sehr tollen Qualität in Polen neu zu kaufen. Ich entschied mich zunächst für einen Nachbau bis ich mal ein brauchbares und bezahlbares Original gefunden habe. Für den Einbau musste natürlich die Öffnung im Scheinwerfer wieder vergrößert werden. Eine mühsame Arbeit die sich aber dann doch gelohnt hat.

Dann kam der Motor an die Reihe. Hier war nun das Problem, dass die Kurbelwelle mit dem überholten Pleuellager offenbar etwas zu breit war. Verschiedene Möglichkeiten wurden im Forum diskutiert. Vom Abschleifen der Kurbelwellenlager bis hin zu einer kompletten Überholung der Welle waren die Vorschläge. Die Kurbelwelle zur Instandsetzung weg schicken wollte ich nicht, weil ich da in Bezug auf Dauer und Kosten bisher sehr schlechte Erfahrungen gemacht habe. Nach längerer Überlegung wurde dann eine etwas stärkere Dichtung zwischen den Gehäusehälften eingebaut. Der Zentriersteg des Motorgehäuses war ausreichend hoch und bei einer Probemontage zeigte sich, dass auch der Zylinder trotz des größeren Gehäuseabstandes noch problemlos montiert werden konnte. Sollte das nicht funktionieren, könnte ich immer noch die Kurbelwelle einem Fachbetrieb überlassen.

Ebenfalls wurde diskutiert, ob die Filzringe durch moderne Dichtringe ersetzt werden sollten. Da meine Wellenzapfen jedoch minimale Rostnarben zeigten, hätte man wieder die Welle komplett richten lassen müssen. Die Verwendung von Speedi Sleeves wurde auch vorgeschlagen. Ich habe mir dann aber gedacht, dass der Motor ja früher auch mit Filzringen gut gelaufen ist. Daher habe ich mich entschieden, neue Filzringe zu organisieren und den Motor wie früher wieder zusammen zu bauen. Das hat damals funkioniert und da ist die Maschine offensichtlich viele Jahre und viele Kilometer gut gefahren. Warum sollte das heute nicht auch noch so funktionieren bei den wenigen Kilometern, die das Motorrad noch fahren soll? Versuch macht ja bekanntlich klug.

Die Kabel, welche bei der Maschine dabei waren, zeigten sich in einem desolaten Zustand. Daher habe ich noch einen neuen Kabelbaum angefertigt. Damit das Ganze dann optisch zur Maschine passt, wurde der Kabelbaum dann noch mit einem schwarzen Stoffisolierband umwickelt.

Die Züge waren in einem guten Zustand, so dass diese zunächst nur äußerlich gereinigt und dann gut eingeölt wieder eingebaut wurden.  Die Züge werden aber später eventuell noch durch neue der Flechterei Stratil ersetzt. Da gibt es ja wunderbare Sets in einem gebrauchten Look.  Auch hier zeigt der Fahrbetrieb, was noch alles ersetzt werden muss.

Die Lichtmaschine war in einem hervorragenden Zustand und konnte nach einer gründlichen Reinigung erstmal wieder moniert werden. Die Kontakte wurden gereinigt und der Unterbrecherabstand eingestellt. Dann noch die Zündung eingestellt und es zeigte sich tatsächlich ein starker Funke. Ob hier noch Komponenten getauscht werden müssen, zeigt natürlich erst der Fahrbetrieb. Aber für einen späteren Startversuch sollte es reichen!

Leider war das Zündkerzengewinde ziemlich am Ende. Doch dafür gibt es ja glücklicherweise Reparatursätze von z.B. Helicoil.

Das Getriebe schaltete und drehte leichtgängig. Ich habe es daher nur gründlich durchgespült und mi neuem Fließfett aufgefüllt. Die Kupplung zeigte sich nach dem Reinigen glücklicherweise auch in einem sehr guten Zustand und wurde direkt so wieder eingebaut.

Kabel und Züge wurden ordentlich verlegt und weil man als Schwabe ja nichts wegwirft und alles aufbewahrt, waren sogar noch jede Menge alte Kabelbinder vorhanden. Diese wurden gerade geklopft und versehen nun wieder einwandfrei ihren Dienst.

Dann kam endlich der große Moment und die Maschine sollte das erste Mal laufen. Der Vergaser wurde auf Grundeinstellung eingestellt, der Luftfilter gründlich gereinigt und eingeölt und los ging es.  Zur großen Freude lief die Maschine tatsächlich ziemlich schnell an und hing schön am Gas. Licht und Hupe funktionierten, die Ladekontrollleuchte ging aus…alles wunderbar! Ein kleines Video vom ersten Lauf gibt es auf Youtube unter “UT ZB 200 von 1937“ zu sehen.

Zum Fahren selbst bin ich allerdings noch nicht gekommen. Dazu brauche ich noch neue Reifen und Bremsbeläge. Aber das sind sicher keine unlösbaren Aufgaben mehr.

-Daniel

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