Vom Motor zum Motorrad

Daniel erzählt wie er beginnend beim 600er Blackburne-Motor nach und nach die Teile seines UT RC OHV 600 Projekts
zusammengetragen hat, und dass dazu manchmal ein bisschen mehr als nur Glück nötig ist

Im Februar 2019 konnte ich bereits eine UT 350 RDS mit Blackburne Motor kaufen. Die Restauration dauert zwar nun schon über 2 Jahre, doch es geht voran. Da mich diese Maschinen mit diesem optisch schönen Motor sehr faszinieren, habe ich über Suchanzeigen versucht, an eine große UT mit einem 500er Blackburne zu kommen. Ich wusste, dass über das VFV-Forum in 2012 eine Maschine in Einzelteilen angeboten wurde. So habe ich versucht, in Erfahrung zu bringen, wohin diese Maschine gegangen ist. Ich habe dann auch tatsächlich erfahren, wer die Maschine erworben hat.
Angeblich wurde die bis heute nicht angefangen, weil wichtige Teile des Motors fehlen. Auch war die Maschine unverkäuflich. Da war die Enttäuschung groß, denn eine kopfgesteuerte UT mit dem großen Motor ist ja wirklich sehr selten. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte ich nur einen in der Schweiz, der eine solche Maschine besitzt und die gerade gerichtet wird. Mit Dani stand ich damals schon länger in Kontakt, da er mir immer wieder bei meiner 350er mit Teilen und Tipps ausgeholfen hat.


Irgendwann Mitte 2020 war mir klar, dass eine solche UT wohl immer ein Traum bleiben wird…

UT RC ohv 600 mit Blackburne-Motor 1930

… Im Januar 2021 hatte ich dann Kontakt zu einem Händler in Polen, welcher einen 500er Blackburne OHV über das VFV Forum angeboten hat. Mit ihm bin ich dann ins Gespräch gekommen, jedoch war der Zustand sehr fragwürdig und der verlangte Preis in meinen Augen zu hoch, so dass der Kontakt zunächst abgebrochen ist. Im März 21 wurden wieder Zylinderköpfe für einen 500er OHV Motor angeboten. Auf meine Nachfrage, ob den auch Teile für einen 350er vorhanden sind, wurde mir dann ein vollständiger 600er OHV Blackburne Motor angeboten. Der Preis war zunächst hoch, doch konnte ich ihn letztendlich überzeugen, dass so ein seltener Motor schwer verkäuflich ist, weil Fahrgestelle dazu praktisch nicht aufzufinden sind. Letztendlich passte der Preis und ich habe den Motor gekauft. Das Problem mit dem fehlenden Fahrgestell hatte ich natürlich auch noch, aber aus mir nicht mehr nachvollziehbaren Gründen habe ich den Motor trotzdem genommen.

Mein UT und Blackburne Spezialist aus der Schweiz meinte dann noch ob es auch wirklich ein 600er Motor ist, denn der unterscheidet sich vom 500er nur in Bezug auf Bohrung und Hub. So war die Spannung groß, bis der Motor endlich in 2 schweren Paketen aus Polen angekommen ist. Das Teil wurde sofort inspiziert und es war tatsächlich ein 600er Motor und er war sogar komplett! Diese Tatsache war sehr wichtig, denn es sind nur eine Handvoll Motoren bekannt und Teile dafür dürfte es keine geben. Die Freude war groß, auch wenn das Motorgehäuse schon mal geschweißt wurde und der Motor schon bessere Zeiten hatte. Aber nichts Unlösbares.

Die Bilder vom Motor habe ich gleich zu meinem Kollegen in die Schweiz geschickt. Und dann hat mir Dani tatsächlich angeboten, seinen 2. großen Rahmen und diverse Teile für die große UT abzutreten, die er bereits angesammelt hatte. Die Teile mussten natürlich abgeholt werden und das war Dank Corona im April 21 eine spannende Geschichte, über Österreich in die Schweiz einzureisen. Denn eine 14-tägige Quarantäne sollte auf jeden Fall vermieden werden. Nach einigen Stunden Suche im Internet war klar, dass die Durchreise durch Österreich möglich war und der Aufenthalt in der Schweiz gestattet war, sofern die Ein- und Ausreise am selben Tag erfolgte. Strenge Grenzkontrollen mit schwer bewaffneten Polizisten ließen mich glauben, man reist zu Zeiten des kalten Krieges in den Ostblock.

Aber letztendlich hat es geklappt, und ich war meinem Ziel einen großen Schritt näher.

Dann ging es erstaunlich zügig weiter. Die Räder von KLM waren zwar bei der Teilesammlung dabei aber sie waren nicht vollständig. Teile dafür zu finden war aussichtslos, das wusste ich schon von der kleinen 350er UT. Also mussten passende Räder mit einer großen Bremse gefunden werden. Bereits eine Woche später hatte ich ein großes Pränafa Rad in der Werkstatt liegen, welches in die Tigergabel passte und einen von der Größe und Form passenden hinteren Kotflügel.

Im Mai 21 bekam ich dann von Alexander von den UT Freunden die Info, dass in Österreich ein Blackburne Motor zu verkaufen wäre. Man wisse nur nicht genau, was es für einer ist. Die Bilder in der Email musste ich gefühlt 100 mal anschauen, denn es war tatsächlich ein 600er Motor in einem optisch sehr tollen Zustand. Er war komplett, drehte und der Preis passte. So bin ich dann Ende Mai in die Region am Achensee gefahren und konnte den Motor dort abholen. Der Zustand ist außergewöhnlich gut und ich habe erfahren, dass der Motor mehrere Jahrzehnte in einer Sammlung stand. Und davor wurde er offensichtlich professionell instand gesetzt.

Der 600er-Motor bei Ankunft…
…und das passende Fahrgestell dazu
seltener Anblick: zwei vollständige 600er
Das Ermitteln der Kettenlinie
Getriebe, Kupplung und Kotflügel

Ebenfalls waren über mittlerweile gute Kontakte schnell die fehlenden Teile für die FG4 Tiger Gabel aufgetrieben. Das große 4-Bolzen Getriebe mit passender Kettenlinie zu finden, stellte ich mir ziemlich schwierig vor denn diese Getriebe waren selten. Und dann muss ja noch die Kettenlinie zum Motor und Hinterrad passen. Um die Kettenlinie zu ermitteln, musste zunächst der Motor eingebaut werden. Mit den ermittelten Maßen stellte ich eine Suchanzeige im Forum ein und war tatsächlich erfolgreich. Beim Abholen des Getriebes Mitte Juni 21 konnte ich sogar noch einen Kotflügel für vorne erwerben. Der passte wieder sehr gut von der Form und Größe und war übrig. Langsam wurde es unheimlich, wie schnell das alle vorwärts ging, denn es waren ja noch nicht mal 3 Monate vergangen!

Zeitgleich wurde dann in den Ebay Kleinanzeigen ein Hinterrad für eine schwere Maschine angeboten. Angeblich stammte es von einer 500er Ardie Baujahr ca. 29-32. Der Preis war relativ hoch, aber es war komplett. Und wie oft habe ich mich schon geärgert, weil ich Sachen nicht gekauft habe weil sie mir zu teuer waren. Und dann hat man lange Zeit suchen müssen! Also gekauft und gewartet. Lustigerweise kam das Rad aus einem Ort, wo ich 2 Tage noch zuvor im Urlaub gewesen bin! Aber da habe ich das ja noch nicht gewusst.

Als das Rad dann endlich angekommen ist, war die Spannung groß! Vermutlich mussten einige Anpassungsarbeiten vorgenommen werden. Doch erstaunlicherweise passte das Rad, als wäre es für die UT gemacht worden! Auf den Millimeter passte es in den Rahmen. Doch es war noch viel besser, denn selbst die Kettenlinie zum Getriebe passte millimetergenau. Ja selbst das Kettenritzel vom Rad passte von der Kettengröße her zum Getriebe. Ich konnte diesen Glückstreffer ebenfalls kaum glauben. An diesem Abend war ich noch öfter in der Werkstatt um zu schauen, ob das wirklich alles wahr ist. Denn jetzt war klar, dass das Projekt tatsächlich verwirklicht werden konnte, denn es waren alle kritische Teile vorhanden. Und das nach nicht mal 4 Monaten! Die jetzt noch fehlenden Teile wie die Beleuchtungsanlage oder den Sattel werden doch immer mal wieder angeboten. Von der Lichtanlage gibt es ja mittlerweile auch gute (und leider auch teure) Nachbauten. Der Öltank wird eventuell noch problematisch aber hier würde ich mir sogar selbst einen Nachbau zutrauen, falls keiner auftaucht. Da ich momentan noch an einer KR35S arbeite, ist der Beginn des Projektes für Mitte 22 geplant. Doch das wird dann eine andere Geschichte.

-Daniel

Das Rad passt wie angegossen!
Motor, Getriebe und Hinterrad – Alles fluchtet

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